Best Practice Kellerbuchführung
Du arbeitest bereits mit unserem Keller-Modul oder möchtest auf die digitale Weinbuchhaltung umsteigen? Dann ist dieser Artikel genau das Richtige für dich. Da ich selbst fast 10 Jahre lang die Wein- und Kellerbücher in Papierform geführt habe, schätze ich es heute umso mehr, diese Arbeiten digital und sogar aus der Ferne erledigen zu können.
Der folgende Artikel gibt sehr spezifische Tipps zum Arbeiten mit dem elektronischen Herbst- & Kellerbuch. Eine allgemeine Vorstellung mit allen weiteren Funktionen findest Du hier.
Warum nicht die Führung in Papierform beibehalten?
Zunächst einmal gibt es gute Gründe, die Kellerbuchhaltung digital zu führen und die eigenen betrieblichen Abläufe zu überprüfen:
- Steigerung der Effizienz, Verbesserung des Dokumentenmanagements und Einsparung von Kosten.
- Eine völlig neue Prozesssicherheit durch Mobilität und Flexibilität in Verbindung mit Datenanalyse und Reporting.
Jeder Weinbaubetrieb hat seine eigenen Strukturen & Abläufe. Hier kann es keine Blaupause geben, die alle Eventualitäten berücksichtigt. Im Folgenden gehe ich auf einzelne Elemente des Kellers ein und möchte Anreize zum Überdenken und vielleicht auch zum Drehen an der einen oder anderen „Stellschraube“ geben.
Der größte Mehrwert der digitalen Kellerbuchführung: Die Zeitersparnis.
Bis zu 80% Zeitersparnis im Vergleich zur Papierform sind in diesem Bereich möglich. Die größten Hebel sind die Auswertungen mit den Statistiken, Listen & Flaschenbücher, die im Tagesgeschäft mitgeführt werden und sinnvolle Automatisierungen bei der Pflege der Weinkonten.Um mehr Zeit für die wichtigen Dinge im Weinbau zu haben, bietet das Programm also schon ein großes Potential. Nach einigen Schulungen & Supportanfragen zum Thema Keller haben sich einige „Stellschrauben“ herauskristallisiert, die ich hier einmal kurz vorstellen möchte.
Mobile Arbeitsstation als solide Basis
Ein gut organisierter Arbeitsplatz ist und bleibt die Grundlage für sauberes Arbeiten. Hier haben wir bereits vorgestellt, wie man den Arbeitsplatz im Büro organisieren kann. Der Arbeitsplatz im Keller hat jedoch seine eigenen Anforderungen. Hier hat sich folgende „Hardware“ in meinem Kellermeisteralltag mehr als bewährt:
- Edelstahl Servierwagen
- Eine solide und robuste Basis bietet der rollbare Tisch aus Edelstahl. Sehr zu empfehlen sind auch hier gute gebrauchte Tische aus der Gastronomie. Die alten Rollen sind austauschbar und das Material Edelstahl ist ein Garant für hohe Belastbarkeit und Langlebigkeit. Der Tisch lässt sich leicht reinigen und bei Bedarf sinnvoll erweitern. Für ruhigen Lauf und sicheren Stand auch auf älteren Kellerböden sorgen gummierte Leichtlaufrollen mit Bremsen. Mehrere Ablageflächen sorgen für ausreichend Stauraum. So kann dieser Arbeitsplatz auch für Analysen und andere Arbeiten genutzt werden.
- Notebook
- Bei Notebooks kann auch einfach ein älteres Modell aus dem eigenen Unternehmen verwendet werden. Der wichtigste Faktor hier: Der finanzielle Schaden sollte nicht allzu groß sein, wenn die Leiter darauf fällt. Auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis sollte also zumindest geachtet werden. Die Akkulaufzeit lässt sich mit einer passenden Powerbank verlängern.
- Laptop-Halterung
- Der hier gezeigte Laptopständer soll lediglich dafür sorgen, dass der Laptop in einer angenehmen Arbeitshöhe steht.
- EasyDens AntonPaar
- Das Dichtemessgerät EasyDens liefert, wie ich finde, ausreichend genaue Ergebnisse, um den Arbeitstag während der Lese zu erleichtern. Gärende Moste sind für den kleinen Biegeschwinger kein Problem. Die kompakte Bauweise eignet sich hervorragend für den mobilen Einsatz. Leider wurde der Preis in den letzten Jahren von Anton Paar nach oben korrigiert. Trotzdem bin ich der Meinung, dass dieses Messgerät in keinem Keller fehlen sollte.Hinweis: Dies nur als Anregung zur sinnvollen Erweiterung des neuen Arbeitsplatzes im Keller und zur Schaffung eines weiteren Mehrwertes.
- Laborflasche
- Sinnvolle Erweiterung des EasyDens und zur Reinigung der Probehähne an den Tanks.
- Aufbewahrungsboxen
- Bei den Aufbewahrungsboxen ist darauf zu achten, dass sie zumindest spritzwasserfest sind. Die Boxen sollen wichtige Dokumente, Materialien und z.B. den oben vorgestellten Biegeschwinger schützen und für Ordnung sorgen. Durch die Transparenz ist gewährleistet, dass man den Inhalt sofort erkennen kann und auch hier wird Zeit beim Suchen gespart. Tipp: Sätze der gängigsten Dichtungen lassen sich wunderbar in den Boxen organisieren.
- WLAN Powerline Adapter Set
- Bei allgemeinen Problemen mit einer stabilen Internetverbindung hilft dieser Artikel weiter. Ein WLAN-Powerline-Adapter-Set kann zwar nie ein ordentlich verlegtes Netzwerkkabel ersetzen, hilft aber in der Regel, abgelegene Kellerräume kostengünstig mit WLAN zu versorgen.
Listen
Vorgang, Stoffe, Behälter und Gruppen können bei uns in Listenform gepflegt und organisiert werden. Diese Listen sollten spätestens nach der amtlichen Zulassung einmal kontrolliert und überarbeitet werden. Unnütze Einträge können hier bei Bedarf gelöscht oder bearbeitet werden.
Vorgangsliste
In der Vorgangsliste auch gerne Arbeitsschritte wie z.B. „Hefe aufrühren“ anlegen, so kann man auch nicht kellerbuchpflichtige Vorgänge im Weinkonto dokumentieren und auch Jahre später noch nachvollziehen, warum der Riesling so unglaublich fruchtbetont in die Flasche gekommen ist.
Stoffliste
Ähnliches gilt für die Inhaltsstoffe. Lege deine Hefen einfach einzeln als Stoffe an, um im Folgejahr in alten Aufzeichnungen nachzuvollziehen, wo du z.B. VB1 eingesetzt hast. Bei Schönungsmitteln wie Bentonit kann so auch noch Wochen später nachvollzogen werden, ob bereits während der Gärung geschönt wurde oder nicht.
Auch im Weinbau wird zunehmend darauf geachtet, einzelne Chargen zu verfolgen.
Um auch den letzten Sack Zucker zurückverfolgen zu können, ist wie folgt vorzugehen:
- Du kannst jeden Zukauf einzeln als Saccharose anlegen und einfach durchnummerieren. So wird aus mehreren Zukäufen im Herbst Saccharose - 1, Saccharose - 2 ... .
- Die einzelnen Saccharose-Stoffe können nach dem vollständigen Verbrauch einfach deaktiviert werden.
- Im Weinkonto kann man so beim Buchen immer sehen, wie viel Saccharose theoretisch noch im Lager vorhanden ist.
- Relevante Informationen wie z.B. Bemerkung, Belegnummer, Lieferant, Einkaufsdatum immer beim Hinzufügen des Stoffbestandes angeben.
Sollte ein sauber angelegter Stoff einmal kontaminiert sein, könnt Ihr im Artikel (Vorgangsliste) das Weinkonto (über die Abfüllung) zurückverfolgen. Über die Kundenselektion könnt Ihr die einzelnen Kund_innen identifizieren, die den Artikel auch gekauft haben. Über die Kundenselektion könnt Ihr auch allen Kund_innen eine Info-Mail mit weiteren Anweisungen zukommen lassen. Oder Ihr lasst Euch eine Kundenliste ausgeben, um die einzelnen Kund_innen telefonisch zu kontaktieren.
Behälterliste
In ähnlicher Weise sind auch die Behälter und Gruppen zu optimieren. Bei den Behältern empfiehlt es sich, die Gebindenummer in die Bezeichnung aufzunehmen. Ein Barrique wird so zu „Barrique_B1“ und kann bei einer Mehrfachumlagerung direkt in der Behälterauswahl gefunden werden, da die Eingabe „B1“ hier ausreicht.
Bereits vorhandene Nummern, die im Holz nicht mehr zu entfernen sind, können so in die Behälterliste eingetragen werden, da unser Programm neue fortlaufende Nummern vergibt. Bitte gebe als Bemerkung den Standort an, um auch hier den weinrechtlichen Bestimmungen zu entsprechen. „Mein Keller“ oder „Hochregallager“ ist in der Regel ausreichend.
Keller-Warengruppen
Die Gruppen sind für eine korrekte Auswertung unerlässlich und sollten vor allem in den jeweiligen Weinkonten penibel gepflegt werden. Gerne dokumentiere ich über die Kellergruppen auch den geplanten Ausbaustil des Weines. Auch wenn noch nicht abschließend geklärt ist, ob eine Partie wirklich z.B. als Kabinett ausgebaut wird, sollte dies bereits bei der Anlage eines neuen Weinkontos eingetragen werden. Eine spätere Änderung der Warengruppe ist jederzeit möglich.
Es können auch eigene Wein-Linien definiert und zugeordnet werden, um die Arbeit beim späteren Cuvetieren zu erleichtern.
Tipp: Neue Warengruppen können auch direkt im Weinkonto angelegt werden. Im Feld „Zuordnung festlegen“ einfach die noch nicht im System vorhandene Rebsorte „Solaris“ eintragen und neu anlegen. Anschließend die passende Kategorie „Rebsorte“ auswählen und speichern.
Herbstbuch
Das Herbstbuch ist die Grundlage für die meisten Weinkonten. Hier sollte unbedingt mit vorimportierten Schlägen gearbeitet werden, um die spätere Dokumentationsarbeit im Herbst zu erleichtern, da nicht nur der Parzellenname, sondern auch die Rebsorte automatisch in das Herbstbuch übernommen wird.
Durch die immer heißer werdenden Sommer mit zunehmender Wasserknappheit ist die Messung der Gesamtsäure auch bei Most in der Wanne unerlässlich. Spätestens am Tag nach der Sedimentation diesen Wert nochmals messen/kontrollieren und in das Herbstbuch eintragen, um spätere Übertragungsfehler zu vermeiden, da dieser Wert in einem angelegten Weinkonto nicht mehr geändert werden kann.
Tipp: Biobetriebe können im Feld „Sonstiges“ die Reinigung des Vollernters dokumentieren.
Stapelbuchung
Die meisten Fehler/Probleme in der digitalen Weinbuchführung entstehen in der Maske Stapelbuchung. Hier bitte niemals (bis zu hunderte) Aktionen/Vorgänge der letzten Wochen oder Monate stapelweise verbuchen. Die Stapelbuchung soll den jeweiligen Arbeitsalltag erleichtern und sollte mindestens einmal pro Woche kontrolliert und durchs verbuchen geleert werden. Hier solltest Du immer Aktionen wie Verschnitte, Füllungen & z.B. Anreicherungen im jeweiligen Weinkonto im Detail überprüfen und dort fest verbuchen. Ob einzelne Buchungen auch sinnvoll sind, kannst Du nur im jeweiligen Weinkonto prüfen.
Richtig eingesetzt und vor allem gepflegt ist die Stapelbuchung ein sehr mächtiges Werkzeug und das Werkzeug um Dir viel Zeit bei Deinen Dokumentationspflichten zu ersparen. Die Stapelbuchung ersetzt im Grunde Deinen Kellerhilfszettel, in dem Du Deine Arbeiten bis zur Übertragung ins Kellerbuch dokumentierst. Das direkte Eintragen der Arbeiten in die Stapelbuchung erspart doppelte Dokumentation und vermeidet Übertragungsfehler.
E-Labels
Im Hinblick auf die zukünftige Nutzung von E-Labels muss vielleicht der eine oder andere Prozess überdacht und etwas umstrukturiert werden. Mehr zum Thema E-Labels findest Du in diesem Artikel. An dieser Stelle möchte ich nur kurz auf die Arbeit und Planung im Zusammenhang mit dem Keller eingehen. In Zukunft musst du deine Artikel schon Monate vor der eigentlichen Abfüllung anlegen, um das E-Label zu generieren und diese Daten an deine Druckerei senden zu können.
Da sich die Lieferzeiten in den letzten Jahren verlängert haben, ist ein frühzeitiger und gut organisierter Bestellprozess das A und O.
Wie im Handbuch beschrieben, kannst Du Deine Artikel jederzeit bearbeiten und somit auch das E-Label zeitnah und vor allem automatisch aktualisieren.
Tipp: Damit dich ein frühzeitig angelegter Artikel im Alltag nicht stört, markiere ihn einfach als vergriffen, bis er gefüllt, fertig ausgestattet und in den Verkauf geht.
Zukünftig werden Weine also eher in bereits angelegte Artikel aus einem offenen Weinkonto „gefüllt“, d.h. übertragen. Wenn Du Deine Füllungen im Januar anstrebst, solltest Du bereits im November (ca. 3 Monate im Voraus) mit der Planung beginnen und die neuen Artikel anlegen.
Bitte beachte: Das E-Label zwingt Dich dazu, jede Charge als eigenen neuen Artikel anzulegen. Lege niemals mehrere Chargen in einem Artikel an, dies betrifft in der Regel auch andere Zugänge. Als Beispiel: Ein Weinsteinausfall kann bereits zu Schwankungen im Nährwert führen und das E-Label einer anderen Charge für diese neue Abfüllung unbrauchbar machen.
Schlusswort
Ich hoffe, dass ich Dich mit diesen Artikel etwas inspirieren konnte den ein oder anderen Prozess noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Hast Du auch den ein anderen anderen Tipp? Erstelle einfach ein Ticket und teile uns deine Idee mit. Gerne übernehme ich Zukünftige Anregungen um diesen Artikel stehts aktuell zu halten. Ich würde mich also sehr über einen Austausch und Input Deinerseits freuen!
Moritz ist Sales Manager bei Winestro.Cloud und berät viele Weingüter im Bereich Onboarding und Optimierung ihrer Prozesse. Seine Erfahrungen hat er im Studium an der Hochschule Geisenheim und der praktischen Arbeit im Weingut gesammelt. Klingt unser Konzept interessant für Sie? Dann testen Sie uns hier kostenlos und unverbindlich!